Jubiläum der bayerischen Trachtenbewegung in Lichtenfels

Zur Tracht der Werdenfelser gehört auch ein geflochtenes Körbchen. Foto: red

Anlässlich der Feierlichkeiten zum 140-jährigen Bestehen der bayerischen Trachtenbewegung lädt das Sachgebiet Mundart-Brauchtum-Laienspiel am Samstag, 10. Juni , nach Lichtenfels, Gauverband Oberfranken, ein.

Viele der Trachtlerinnen aus Lichtenfels tragen zur Tracht einen besonderen Korb, prägnant und einmalig.

Am Samstag, 10. Juni

Daher wird das Korbmuseum in Michelau mit Flechtvorführung besucht. Um 9.30 Uhr ist Treffpunkt vor dem Korbmuseum.

Um 13.30 Uhr folgt eine Stadtführung in Lichtenfels (Treffpunkt: Amt für Tourismus & Kultur). Ab 15 Uhr geht’s zum Kaffeetrinken und Brotzeit zur Werdenfelser Hüttn am Roten Hügel in Kösten.

Lichtenfels gilt als Deutsche Korbstadt, es entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Zentrum der Korbhandelsindustrie. 1904 wurde eine Korbfachschule eröffnet, an der ab 1912 auch Flechtkurse für Frauen stattfanden.

Im Deutschen Korbmuseum ist zurzeit die Sonderausstellung „Weide berührt, beseelt, bleibt“ von der Künstlerin Irmgard Wissing aus Bad Beversen mit Figuren und Fotos mit Szenen der Figuren zu sehen.

Gründung 1926 von Heimkehrern

Der Volks- und Gebirgstrachtenverein „D´Werdenfelser“ Lichtenfels wurde 1926 gegründet. Die Spuren des Trachtenvereins führen weit nach Süden ins Werdenfelser Land mit der 2962 Meter hohen Zugspitze. Dorthin zog es vor rund 100 Jahren Männer aus Lichtenfels, um im Gebirge zu arbeiten.

Figurentänze

Aus den Reihen der Rückkehrer gründeten vier Männern in Lichtenfels einen Verein, in dem man sich an die oberbayerische Region mit der Gebirgstracht erinnert. Bald nahm man auch die Volkstracht der Lichtenfelser Heimat dazu. Darum heißt der Verein „Volks- und Gebirgstrachtenverein D´Werdenfelser“. Im Verein werden die Figurentänze, wie Schlamperer, Sternpolka oder Fingerpolka getanzt, aber auch Könner im Platteln sind dabei.

Einmal im Jahr geht es auf der Werdenfelser Hütte am Waldesrand wenig oberhalb von Kösten hoch her. Dort kann man im Sommer die Biergartenstimmung genießen.

In der Gaststube haben 60 Personen Platz, es wird „gekartelt“, und für die Kinder steht eine Auswahl von Brettspielen zur Verfügung. Die Geselligkeit kommt nicht zu kurz. Es wird der Gesang, Gedichte und der Tanz gepflegt und Nachwuchs ist immer herzlich willkommen.

Mit Buckelhaube und Dreispitz

Die Frauen tragen die Buckelhaube und die Männer einen Dreispitz. Die Tracht der Frauen sind in schwarzer Farbe gehalten und die Tücher tragen eine Stickerei mit Rosenmuster oder sind mit einem Rosenmuster bedruckt.

Genäht und geschneidert werden die Trachtenstück häufig selbst.

Bayerischer Trachtenverband feiert Jubiläum in Kösten

Grußworte ja, aber welche? Diese Frage amüsierte kurz vor Eintrag ins Gästebuch „D’Werdenfelser“ die Besucherinnen Renate Koch und Marianne Heidenthaler. Foto: Markus Häggberg

Der Bayerische Trachtenverband ist 140 Jahre alt geworden. Was nach Brauchtum und „Krachlederner“ klingt, hat auch Ausleger zum Obermain. Doch wie ist es um Tracht und Brauchtum am Obermain bestellt?

Weite Anreise

Es ist Samstagnachmittag. Rund Renate Koch sitzt beschattet hoch über Kösten an einem Tisch der Vereinshütte des Trachtenvereins „D’Werdenfelser“. Die Vorsitzende des Trachtengauverbands Oberfranken kam aus Forchheim angereist, aber das ist nichts im Vergleich zu dem Weg, den die hinter ihr sitzende Marianne Heidenthaler auf sich nahm.

Marianne Heidenthaler kam vergleichsweise „in zivil“ angereist. In voller Montur hätte sie einen Priener Hut in Zylinder… Foto: Markus Häggberg

„I kimm vom Gauverband Eins“, sagt diese. Und das bedeutet: Landkreis Traunstein. 400 Kilometer Anreise nahm sie auf sich, um heute hier am Roten Hügel zu sein. Bei Kaffee und Kuchen und überschaubarer Gästezahl.

Kurz vor 15 Uhr kam Marianne Heidenthaler als Teil einer elfköpfigen Abordnung hierher und hat mit dieser schon ein Programm absolviert. Seit 9.30 Uhr war man im Landkreis unterwegs, erhielt Flecht-Vorführungen im Deutschen Korbmuseum, man ging gemeinsam zum Mittagessen und will hernach noch „brotzeiten“.

Wertschätzung

Aber jetzt ist man hier, in Tracht und als wertschätzende Geste gegenüber „D’Werdenfelser“. Denn die Feierlichkeiten zum 140-jährigen Bestehen bedeuten nicht, dass der Verband irgendwo zentral gelegen einen Saal mietet und dann Trachtenvereine einmarschieren lässt. Viel lieber suche man die Mitglieder einzeln auf, stattet Besuche ab und begibt sich ins Gespräch.

„Drum kimm i ja so weit umanand“, erklärt Heidenthaler, die Sachgebietsvorsitzende für Mundart, Brauchtum und Laienspiel ist. „Alle Regierungsbezirke haben ihre Daseinsberechtigung, wir möchten uns überall sehen lassen“, schiebt sie noch nach.

Rainer Kober legt die Stirn in Falten. Der 1. Vorsitzende der „D’Werdenfelser“ vom Obermain sitzt in der guten Stube des Vereinshauses und zieht Bilanz. Die lautet darauf, dass der aktuelle Mitgliederstand bei 123 liegt, man aber vor fünf Jahren „noch 50 mehr“ war.

Junge Menschen?

Doch wann sind hier letztmals junge Menschen beigetreten? Die Antwort darauf: zwei Frauen, 31 und 36 Jahre alt, und das im gesamten Zeitraum von 2022. Das ist nicht viel, aber man sei „noch gut beinander“.

Was für ihn den Reiz der Tracht ausmacht, ist ihr Erhaltungswert. Und wie er das sagt, spielt draußen zur Unterhaltung der Gäste Christian Bauer in Krachlederner die „Steirische“. Auch er, der Lichtenfelser Stadtrat, ist Mitglied hier und hat ein Herz für Brauchtum.

„Drum kimm i ja

so weit umanand.“

Marianne Heidenthaler, Sachgebietsvorsitzende für Mundart, Brauchtum und Laienspiel

Und wie seine Musik in den Raum schallt, geht hinter Kober Korinna Hartig in die Küche der Hütte, um Kaffee zu kochen. Im Grunde hat sie ein Comeback hier oben bei den Werdenfelsern, wird sie später erzählen. Als Teenagerin fand sie den Weg zum Trachtenverein, war dann aber wegen Ausbildung und mangelnder Zeit zu sehr beansprucht und trat aus. Ihr Wiedereintritt war eine „bewusste Entscheidung“, sagt sie. Und die habe sie getroffen, um die „älteren Leute hier zu unterstützen“.

Gefühl von Beheimatung

Was für sie den Reiz der Werdenfelser ausmacht, ist das Gefühl von Beheimatung, ist „die Hütte und die lieben Gesichter“. Sie selbst habe schon unter anderem. in Kindergärten Werbung für „D’Werdenfelser“ und Brauchtumgspflege gemacht, aber „die Leute haben Adressen aufgeschrieben und gesagt, sie kommen vorbei, aber bisher ist nix gekommen“.

Dass Corona für einen Bruch bei Nachwuchs und Brauchtumspflege gesorgt haben könnte, steht auch für Renate Koch im Raum. Dennoch hält sie fest, dass Tracht bei jungen Menschen durchaus im Kurs steht, denn „ja, bei Volksfesten wird viel von Trachtenähnlichkeit getragen“. Das sei zwar Zeitgeist und Mode, aber man sehe, „dass sich junge Leute in Tracht wohlfühlen“.

Rainer Kober und Vize-Landrat Helmut Fischer im Plausch. Gemeinsam mit Sabine Rießner war Helmut Fischer bestens aufgele… Foto: Markus Häggberg

Aus ihrer Sicht liegt die Brauchtumspflege in Oberfranken diesbezüglich im Argen, dass man nicht viele Auftrittsmöglichkeiten habe, um Trachten oder Tänze zu zeigen. Doch es gebe auch Hoffnung, denn es gibt in der Volksschule auch das Fach Heimatkunde. Es liege eben am jeweiligen Lehrer, wie begeistert er zu derlei stehe und das Fach dann auch mit Inhalt fülle.

Szenenwechsel

Szenenwechsel, Außenbereich der Hütte und einige Minuten später. Die Sonne scheint, man sitzt beschattet bei Kaffee und Kuchen und ein Gästebuch wird vorgelegt. Was nur wie hineinschreiben? Marianne Heidenthaler besitzt eine schöne Schrift, und sie weiß es selbst. Dennoch probiert sie eine Menge Kugelschreiber aus, die ihr von Koch bereitgestellt werden.

Rainer Kober und Vize-Landrat Helmut Fischer im Plausch. Gemeinsam mit Sabine Rießner war Helmut Fischer bestens aufgele… Foto: Markus Häggberg

Derweil kommt auch Susanne Frank zu Wort. Die Weißenstadterin ist die Vize-Vorsitzende des Trachtengaus Oberfranken. Zwischen ihr und Renate Koch entspinnt sich eine Überlegung: Wie viele Trachtenvereine haben Jugendgruppen? 35 Trachtenvereine gibt es in Oberfranken, und zu ihnen wird im Gedächtnis gekramt. Dann fallen Zahlen: 12, 15, 17, 19. Bei 22 ist Schluss, aber 22 von 35 sind kein schlechter Schnitt.

Sie selbst, so Frank, sei vor wenigen Jahren mal in der Grundschule in Weißenstadt gewesen, um Werbung zu machen. „Danach war Zulauf, man muss aktiv sein“, resümiert sie. Man müsse die Sache mit den Nachwuchsmöglichkeiten also nicht zu düster sehen.

Kritik an Politikern

Dass man im Kindergarten für Tracht und Brauchtum, Spiele, Tänze begeistern könne, sieht auch Koch für gegeben. Und sie hält noch etwas für dringlich: Dass heimische Politiker keine unglücklichen Zeichen setzen, etwa dann, wenn sie bei Veranstaltungen für Grußworte nur mal eben kurz vorbeischauen und wieder verschwunden sind, bevor ein Tanz vorüber ist.

Einen gemütlichen Nachmittag verlebten die Besuchern an der „D’Werdenfelser“-Hütte oberhalb von Kösten. Foto: Markus Häggberg

So gesehen, müsste Koch mit Sabine Rießner und Helmut Fischer zufrieden gewesen sein. Die Zweite Bürgermeisterin von Lichtenfels und der stellvertretende Landrat nahmen sich an diesem Tag lange Zeit, um ins Gespräch zu kommen und sich bei den Gästen aufzuhalten.

Juni 30, 2023

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